Interview mit TOP-Speaker Jörg Löhr
Parallelen zwischen Spitzensport und Wirtschaft
1. Du warst ein exzellenter Handballer und bist nun auch erfolgreicher Unternehmer.
Was kann deiner Meinung nach eine Führungskraft, die beruflich erfolgreich sein möchte, von einem Spitzensportler lernen?
Top-Athleten und Menschen, die beruflich sehr erfolgreich sind, haben vieles gemeinsam. Wenn man sich intensiv mit ihren Erfolgsstorys beschäftigt offenbaren sich einige spannende, parallele Erfolgsgrundsätze. Diese Strategien kann prinzipiell jeder für sich nutzen. So ist es zum Beispiel äußerst wichtig, das eigene Spielfeld zu finden und das eigene Potenzial genau zu kennen und Stärken zu kultivieren. Wichtig sind aber auch klare, attraktive Ziele. Neben Leidenschaft gehören auch Disziplin, Ausdauer und Teamgeist zu den Erfolgsfaktoren.
2. Spitzensportler stehen unter enormen Erfolgsdruck, genauso wie Führungskräfte, die „Ergebnisse“ liefern müssen. Was kann deiner Ansicht nach eine Führungskraft in Bezug auf den Umgang mit diesem enormen Leistungsdruck von erfolgreichen Spitzensportlern lernen?
Wie jemand mit Druck umgeht, das hängt natürlich immer ein bisschen von dem individuellen Typ ab. Tatsächlich gibt es Menschen, die Druck brauchen, um sich selbst zu Höchstleistungen zu beflügeln. Und dann gibt es welche, die werden unter Druck richtig nervös. Wichtig ist immer ein konstruktiver Umgang mit Stress. Sich nicht von anderen beirren zu lassen. Angemessene Ventile zu suchen, um auch mal Druck abzulassen. Eine gute Strategie ist es, schwierige Situationen in Gedanken durchzuspielen – bis zu ihrem erfolgreichen Ende. Wichtig ist das Zielfoto im Kopf. Man kann das eigene Unterbewusstsein mit positiven Bildern füttern und daraus Kraft ziehen.
3. Eine Sportlerkarriere ist neben Siegen genauso von Niederlagen geprägt. Wie gehen Top-Athleten mit Niederlagen um? Können Führungskräfte die gleichen Strategien im Umgang mit beruflichen Rückschlägen nutzen?
Niederlagen müssen analysiert und verarbeitet werden. Das gilt im Leistungssport ebenso wie im beruflichen Leben. Tröstlich ist: Fast alle die oben stehen und Erfolge feiern, haben auf ihrem Weg dorthin schon bittere Niederlagen einstecken müssen. Das müssen wir uns in schwierigen Situationen immer mal wieder ins Gedächtnis rufen. Echte Champions zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus diesen Rückschlägen lernen. Und auch im Job tun wir gut daran, aus Misserfolgen zu lernen, sie wo möglich als Chance zur Weiterentwicklung zu nutzen.
4. Welche Prinzipien bzw. Strategien des Spitzensports können deiner Ansicht nach Führungskräfte in Bezug auf Burnoutvermeidung konkret nutzen?
Kein Top-Athlet käme je auf den Gedanken, das ganze Jahr durchzupowern. Ganz einfach, weil ihm klar ist, dass auf Phasen großer Anspannung immer auch Phasen der Entspannung folgen müssen. Im Berufsleben aber erlebe ich es ganz oft, dass sich Menschen über einen langen Zeitraum verausgaben. Irgendwann sind die Akkus dann so leer, dass eine Zwangspause unvermeidlich ist. Wichtig ist es aus meiner Sicht, von vornherein beides einzuplanen: Anspannung und Entspannung. Das gilt es bei der Wochen- aber auch bei der Jahresplanung zu berücksichtigen. Freizeit, Sport, Hobbys, Familie – all das ist wesentlicher Teil eines Terminkalenders. Und wer das Jahr plant, sollte nach besonders wichtigen Ereignissen, Messen, Projektabschlüssen etc. auch gleich die notwendigen Regenerationszeiten einkalkulieren.
5. Von Top-Führungskräften hört man häufig, Sie hätten keine Zeit, sich um Ihre Gesundheit zu kümmern. Was hältst du persönlich von dieser Aussage?
Wer an der Spitze eines großen Unternehmens steht, trägt immens viel Verantwortung. Er verdient deutlich mehr als der Durchschnitt und zahlt dafür letztlich auch häufig einen Preis: weniger Freizeit. Doch auch ein Top-Manager ist ein Mensch und kein perpetuum mobile. Wer das eigene Energiekonto stets belastet aber nur selten auffüllt, der läuft – je nach Motivation und Konstitution – früher oder später leer. Auch Top-Manager sollten auf gute Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung achten, letztlich nicht nur aus persönlichen sondern auch aus ökonomischen Gründen. Die Leistungsfähigkeit der Führungsriege ist eine wichtige Ressource und entscheidend für ein Unternehmen.